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AutorenbildAriane Hinterberg

Ich habe Angst! Und jetzt?


Heimlich, fies und leise.


Variante 1:

Erst ist da nur sowas wie ein mulmiges Gefühl. Im Bauch. Im Kopf. Wo auch immer. Wir ignorieren es, schließlich haben wir ja Wichtigeres zu tun. Dann wird es unangenehmer, lauter. Und wir steuern wieder gegen. Mit etwas Übung bringen wir sie scheinbar zum Schweigen. Das Spiel kann, je nach Typ Mensch von Minuten, über Stunden, Tage, Wochen, Jahre bis zu einem Leben lang gehen. Bis dann irgendwann nichts mehr geht. Ende. Die Angst hat gesiegt. Game over!





Sie springt dich plötzlich und unerwartet, wie aus dem Nichts an.


Variante 2:

Bis gerade eben war alles in Ordnung und dann, - rumms! Plötzlich bricht dir der Schweiß aus, die Atemnot kommt, du hältst dich krampfhaft an etwas fest und willst nur eins: Überleben! Der Kopf rauscht, die Beine versagen, vom Herzrasen ganz zu schweigen, bis hin zum totalen Systemausfall. Blackout!





Wer sowas einmal erlebt hat, weiß das ist alles andere als lustig.


Es fühlt sich an: Wie lebensbedrohlich. Wie: Jetzt gehts zu Ende. Wie: Das wars dann!

Und ja, in dieser Sekunde, diesem Moment scheint es auch genau so zu sein.

Wichtig: Es scheint!





Angst braucht immer eine Geschichte von Vergangenheit und Zukunft.


Ganz genau betrachtet, ist Angst nie real. Nie! Kann sie nicht sein. Sie braucht eine Geschichte. Eine von: Das hab ich mal erlebt (oder wahlweise jemand anderes) und nun wird es sicher wieder so kommen. Ich bin dem ausgeliefert und machtlos. Stecken wir drin, sind wir mindestens zu 100% überzeugt von dem, was wir (auch unbewußt) gerade glauben.

Und genau dort liegt die Lösung.





Im JETZT kann die Angst nicht existieren.


Bitte glaub mir nicht, probiere es aus! Teste es und folge der Logik.

Stell dir vor, du bist in einer Menge von Menschen und bekommst Angst/Panik. Ok, soweit, so blöd. Deine geballte Aufmerksamkeit richtet sich auf die Horrorszenarien in deinem Kopf, den Stress in deinem Körper und was gleich alles schlimmes passieren wird. Bilder tauchen auf, die Panik wird größer, neue Bilder, Gefühle dazu, noch mehr Panik.



Nur eine weitere Geschichte.


Fakt ist: Im wirklich jetzigen Moment steht ein Mensch in einer Menge und erzählt sich die Geschichte einer furchtbaren Zukunft. Die Basis? Eine sich selbst erzählte Vergangenheit! Etwas bereits Erlebtes, Gehörtes und Geglaubtes. Wie echt, wie wahr kann das, was du glaubst, überhaupt sein? Wir sprechen von der Zukunft!





Du kannst es nicht wissen.


Niemand, wirklich niemand kann sicher wissen, was als Nächstes geschehen wird. In Angst- und Panikmomenten sind wir jedoch tief davon überzeugt, dass die erdachte Zukunft so sicher eintrifft, wie das Amen in der Kirche.


Hier liegt der Schlüssel. Hier ist der Ausgang! Immer da, immer offen, auch wenn dir das in dieser Nanosekunde in Panik nicht bewußt ist. Nicht sein kann.

Dafür ist viel zu viel los in deinem Kopf.





Kann ich wirklich, zu 100% wissen, dass wahr ist, was ich glaube?


Nein! Nie! Niemals! Wir können nicht wissen, was wirklich als Nächstes geschieht. Punkt!

Und wenn du nun den Impuls von: "Wohl kann ich das wissen", verspürst, ist das ok.

Helfen wird es dir jedoch nicht, wenn du an den Geschichten festhalten möchtest.





Realitäts - Check:


Mach doch einen kleinen Realitäts-Test. Wie oft in deinem Leben hattest du schon vor etwas Angst? Vor was auch immer. Gönn dir, ganz konkret zu werden! Und jetzt schau genau: Wie oft ist es dann überhaupt und auch genau so, zu 100% eingetroffen?




Rückwärts gildet nicht.


Also zu sagen: Ja aber ich habe doch schon mal dies oder das...

Nur weil etwas einmal geschehen ist, taugt es nicht als Beweis dafür, dass es sicher wieder geschehen wird. Auch wenn es uns meistens von Klein auf so vermittelt und vorgelebt wurde. So zu denken ist Verwirrung und bereitet einen wundervollen Nährboden für Angst.





Im JETZT hat Angst keine Chance. Null! Nada! Zero!


Gehen wir noch einmal in die Situation: Ein Mensch in einer Menge von Menschen.

Erst steigt Angst auf, Befürchtungen melden sich zu Wort, dann folgt heftige Panik. Bilder erscheinen von: Ich werde überrannt, zerquetscht, bekomme keine Luft, das Herz rast, die Gedanken ja sowieso. Der Höllenfilm läuft.


Und nun stell dir vor du wärest in genau dieser Situation in der Lage, deinen Fokus zu verschieben. Zu dem was -wirklich - gerade - jetzt- stattfindet. Ein Mensch, ein Raum, andere Menschen, Bewegungen. Ein Körper, Füße auf einem Boden, dein Körper, Atem, Gedanken, Überzeugungen. Mehr nicht!





Ein Leben in Angst ist kein schönes Leben.


Und leider helfen da auch keine Freundworte wie: Ist doch alles gut, nun beruhig dich mal, ist doch nichts passiert etc. Oft bewirken sie eher ganz das Gegenteil. Zu der Angst gesellt sich noch der Glaube: Keiner versteht mich.





Deine Kopfgeschichte ist nicht die Realität, im Jetzt. Nie!


Sie kann es nicht sein. Nochmal: Angst und Panik sind Geschichten, Erinnerungen etc. aus der Vergangenheit in die Zukunft projeziert. Mehr ist nicht passiert. Mehr ist nie passiert.





Kurz: Ein hilfreicher Tipp für Partner/Freunde von Betroffenen:


Jemand in deiner Umgebung hat eine Angstanfall? Nicht versuchen zu beruhigen!

Stell Fragen! Solche wie: Kannst du sicher sein, dass xy als Nächstes geschieht?

Was ist jetzt? Jetzt! Und Jetzt!?


Unser Gehirn hat die wundervolle Eigenschaft, Fragen beantworten zu wollen. Fast schon wie zwanghaft. Eine Antwort zu finden und sich gleichzeitig eine Horrorgeschichte zu erzählen klappt nicht! Kann unser Hirn nicht. Fragen/Antworten haben immer Vorrang!





Wie? Das wars? So einfach?


Ja und leider nein. Das Gedanken sehr, sehr machtvoll sein können, ist ja inzwischen bekannt. Vor allem, wenn wir sie glauben. Und nur wenige Menschen wissen, dass wir das gar nicht tun müssen, sie glauben. In einer stressvollen, angstmachenden, und mich in Panik versetzenden Situation ist es einem ungeübten verstand (Mind) schier unmöglich da auszusteigen.

Genau so wenig, wie es einem Ertrinkenden möglich ist, schwimmen zu lernen. Was machen wir? Wir lernen vorher schwimmen und zwar erst mit Trockenübungen, dann in seichtem

Gewässer usw. Wir üben so lange, bis wir es können. Und wir wissen, sollten wir jemals ins Wasser fallen, wir können schwimmen. Wie wundervoll!





Üben! Üben? Üben!


Selbst der härteste Härtefall hat Momente, wo die Angst in den Hintergrund tritt. Falls nicht, kann das ebenfalls trainiert werden. Es gibt viele, tolle Methoden und Techniken, um zu üben im Jetzt zu sein.


Zu trainieren, den angstauslösenden Gedanken nicht zu glauben oder sie mindestens zu hinterfragen, ist die Notbremse, der Rettungsanker, der dann zur Verfügung steht, wenn die Kopfpost mal wieder abgeht. Kraftvoll und klar. Wunderbar bewußt!





Angst vor der Angst, die Meisterschaft.


Viele Menschen, die sich länger in Angstzuständen befinden, treten in einen Zustand ein, den ich die Angstmeisterschaft nenne. Sie haben dann permanent, immer, 24/7, Angst vor der Angst. Das "es wieder passiert", "sie wieder auftaucht", "sie mich schließlich doch

vernichtet".





So what?


Alles was ich vorher über den Umgang mit Angst ausgeführt habe, trift zu 100% auch auf die Angst vor der Angst zu. Ist ja sie auch nur eine Angst. Keine Ausnahme! Klarheit!

  • Schritt eins: Ich erzähle mir die Geschichte meiner Angst.

  • Schritt zwei: Ich glaube sie.

  • Schritt drei: Bilder tauchen auf.

  • Schritt vier: Gefühle folgen.

  • Schritt fünf: Die Angst/Panik ist da!




Die Lösung:


Komm ins Jetzt!

  • Schritt eins: Bemerke die Angst.

  • Schritt zwei: Bemerke: Was ist jetzt? Und wieder jetzt...

  • Schritt drei: Identifiziere den Gedanken - die Geschichte.

  • Schritt vier: Frag dich: Ist das wahr? Zu 100% sicher?

  • Schritt fünf: Kehre zurück ins Jetzt - Atme.







Klingt ja fast zu simpel.


Schwimmen ist auch simpel für die, die es gelernt haben und die es üben und praktizieren. Das ist die Voraussetzung der Einfachheit. So auch bei Angst und Panik. Und zwar dann zu üben, wenn es gerade ruhig ist. Klappt nicht? Weiter üben und freundlich zu dir bleiben! Klappt noch immer nicht? Unterstützung suchen!





Noch ein Tippchen!


So wie es Schwimmlehrer gibt, so gibt es auch Menschen, die dich dabei unterstützen, zu lernen, angstfrei zu leben. Mich zum Beispiel!







P.S. So und nun habe ich so oft das Wort Angst geschrieben, dass ich ganz wuschig bin. Ich geh dann mal raus in die Sonne.


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